Das Umgangsrecht gehört zum „absoluten Minimum“ im Sinne der Corona-Verordnungen

Das OLG Braunschweig (Beschluss vom 20.5.2020, 1 UF 51/20) hatte jüngst über die Frage zu entscheiden, ob der Umgang des getrennt lebenden Vaters mit seiner sechsjährigen Tochter wegen der Gefahr einer Infektion mit Covid-19 auszusetzen sei. Das Kind entstammt der nichtehelichen Beziehung seiner Eltern; es lebt im Haushalt der Kindesmutter, die auch das alleinige Sorgerecht ausübt. Der Umgang zwischen Vater und Kind hat bislang am Wohnort der Mutter und überwiegend im Beisein der Kindesmutter stattgefunden. Einem Umgang im Haushalt des Kindesvaters und Übernachtungsbesuchen hat die Kindesmutter bislang widersprochen, da der Kindesvater für die der Tochter drohenden Gefahren kein Gespür habe und sie wiederholt im Auto nicht hinreichend gesichert habe.

Das Familiengericht hatte den Wochenendumgang des Kindesvaters mit der Tochter dahingehend geregelt, dass der Umgang für die Zeit bis Ende Juni 2020 an jedem Samstag von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr und ab Juli 2020 an jedem zweiten und vierten Wochenende des Monats in der Zeit von Samstag 10:00 Uhr bis Sonntag 17:00 Uhr stattfindet. Ferner hatte das Amtsgericht dem Kindesvater Umgang für jeweils eine Woche während der niedersächsischen Schulferien sowie am Ostermontag und Pfingstmontag zugesprochen und die Vorgehensweise bei krankheitsbedingter Verhinderung geregelt. Dieser Beschluss ist nach Ansicht des OLG nicht zu beanstanden.

Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Ausführungen des Familiengerichts und begründet ausführlich, warum die von der Kindesmutter befürchteten Gefahren nicht anzunehmen seien.

Soweit die Kindesmutter inzwischen den Umgang wegen der Corona-Epidemie verweigere, führt das OLG aus, dass die Pandemie keinen Anlass biete, die Umgangsregelung abzuändern, weil ein Infektionsgeschehen von vornherein keinen Bezug zu den Voraussetzungen des Umgangsrechts habe. Fraglich könne allenfalls sein, ob die Ausübung des Umgangs wegen der Pandemie-Gefahren punktuell nicht möglich sei. Das OLG verneint auch dies:

Insbesondere steht einem Umgang kein gesetzliches Verbot entgegen und ergibt sich ein solches auch nicht aus dem Umstand, dass Vater und Kind nicht in einem Haushalt wohnen. Nach den während der Corona-Pandemie ergangenen Verordnungen gilt zwar durchgängig das Gebot, Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren (Art. 1 § 1 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 08.05.2020 (Nds. GVBl. Nr. 13/2020, S. 105). Zu dem absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte gehört aber gerade der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und seinem Kind.

Ingo Krampen, Rechtsanwalt, Notar, Mediator

(Quelle: NJW 28/2020, Seite 2038)

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